Eisweiher

Ehemaliger Eisweiher in Kappel

Wie cool es hier zuging, um heißbegehrte Getränke zu kühlen: Klaus Gülker erzählt es Ihnen.

In der noch vom Menschen noch unberührten Urlandschaft befand sich hier eine den Reichenbach begleitende Gehölzvegetation mit Baumarten, die eine zeitweise Überflutung gut überstehen, wie z.B. Weiden oder Pappeln. Nach der Besiedlung des Kappler Tals im Hochmittelalter wurden die Talbereiche vermutlich als Viehweiden genutzt.

Irgendwann wurden hier zwei Weiher in mühsamer Handarbeit angelegt. Der noch sichtbare, aufgeschüttete Damm am nördlichen Ende des heutigen Wäldchens und die terassenförmig vertiefte Grube zeugen davon. Es handelt sich hier um „Eisweiher“, wo im Winter Eisblöcke in Handarbeit gebrochen wurden, welche für die Kühlung von verderblichen Lebensmitteln sorgten, v.a. in den umliegenden Gasthäusern. Das Eis wurde auch mit Pferdewagen zu den lokalen Brauereien abtransportiert, die einen hohen Kühlbedarf hatten. Im Sommer wurde der Weiher zum Spielen und Baden benutzt, im Winter auch zum Schlittern. Am Ufer standen zwei Strohhütten als Lager, die 1929 abgebrannt sind.

Vor Erfindung und Verbreitung von Kühlmaschinen gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren Eisweiher wichtige Elemente der Kulturlandschaft und man findet sie heute entweder immer noch als Stillgewässer vor (z.B. der Waldsee im nahen Littenweiler) oder kann aus den Gegebenheiten vor Ort auf eine solche ehemalige Nutzung schließen. An manchen Orten sind sogar Lagerhäuser für Natureis erhalten, wie z.B. das Eishaus im Donaueschinger Schlosspark.

Nach dem 2. Weltkrieg machte die massive Verbreitung von Kühlschränken die Natureisproduktion überflüssig und die Eisweihernutzung wurde aufgegeben. Die Fläche des südlichen Weihers wurde mit Pappeln bepflanzt und später im Zuge der Sportplatzerweiterung aufgeschüttet. Das nördliche Gebiet wurde als Garten genutzt, dort wurden auch einige Fichten gepflanzt. Die Fichte ist hier nicht standortgerecht, sie bildet aufgrund des hohen Grundwasserstandes ein sehr flaches Wurzelsystem aus und ist dadurch nicht standfest. Sturmholz und senkrecht stehende, große Wurzelteller zeugen heute davon.

Die Gartennutzung wurde Mitte der 1960er Jahren aufgegeben. Seit den 1970er Jahren entwickelte sich durch den hohen Grundwasserstand ein kleiner Schwarzerlen-Bruchwald. Das Grundwasser steht im Winter bis knapp unter die Bodenoberfläche, sinkt dann im Sommer durch die Wasserverdunstung der Vegetation auf unter 150cm unter Flur ab und steigt im Herbst dann wieder an. Durch diese ausgeprägten Grundwasserschwankungen hat sich hier ein sehr typischer Gley-Boden mit einem auffälligen Bodenprofil gebildet: unter dem sehr humusreichen, schwarzen Oberboden liegt ein grau-rötlich-braun marmorierter Bereich, in dem gelöste Eisen- oder Manganverbindungen durch eindringenden Sauerstoff oxidiert werden und sich „Rostflecken“ bilden. Darunter befindet sich ein wassergesättigter, sauerstoffarmer Bereich, der durch die reduzierten Eisen- und Manganverbindungen blau-grau gefärbt ist.

Der nun entstandene Bruchwald hat heute vielfältige Funktionen: er bietet Lebensraum für eine typische und seltene Pflanzen-, Pilz- und Tiergemeinschaft, die auf feuchte Bodenverhältnisse angewiesen ist. Der Boden speichert viel Wasser und gibt es verzögert an den Reichenbach ab, was dem Hochwasserschutz dient. Durch die hohe Verdunstung durch Boden und Pflanzen kühlt das Wäldchen in besonderem Maße die Umgebung. Und schließlich werden in den Bäumen und im Gley-Boden große Mengen an Kohlenstoff gespeichert.

Prof. Dr. Michael Scherer-Lorenzen

Quellen: Mauz, H. (2019) Das Eishaus der Fürstlich Fürstenbergischen Brauerei 
im Donaueschinger Schlosspark.
Eine industriehistorische und energetische Betrachtung. Schriften der Baar, 
Band 62, S. 55-74.
Mündliche Erzählungen von Josef Nerz, Thomas Rees und weiteren, teils ehemaligen, 
Kappler Bürgerinnen und Bürgern.

 

Neueste Beiträge

die Moorwächter vom Hinterzartener Moor

Die Moorwächter

Jeder Wächter repräsentiert eine Figur aus der reichen Mythologie und Folklore, die mit Mooren und Sümpfen in Verbindung gebracht wird 1. Die sechs Skulpturen sind:

  1. Der Knabe im Moor
  2. Die Abnoba
  3. Der Faun
  4. Die Moosmännle
  5. Der Nebulon
  6. Das Moos-Annele

Jede Skulptur hat ihre eigene Geschichte und Bedeutung, die auf der offiziellen Website der Moorwächter zu finden ist 1. Die Moorwächter sind ein faszinierendes Beispiel für die Verbindung von Kunst und Natur und ein wunderbares Ziel für einen Spaziergang im Moor.

„Abnoba“

Die Moorwächter sind im Hinterzartener Moor eingezogen

Hinterzarten, 20. September 2023 – Die Moorwächter haben Einzug gehalten. Diese imposanten, etwa 4,5 Meter hohen Holzskulpturen aus Hinterzartener Weißtannenholz wurden von Bildhauer Thomas Rees aus Freiburg geschaffen. Die Idee für diese beeindruckenden Kunstwerke wurde in der der Arbeitsgruppe „Hochmoor“ innerhalb der Initiative „Zukunft Hinterzarten“ entwickelt.

Schon seit jeher sind Moore von Geschichten, Mythen und Sagen durchdrungen – sie sind die Heimat für Geister, Elfen und Halbgötter. Die Moorwächter setzen diese jahrhundertealte Geschichten fort, indem sie faszinierende Figuren aus der reichen Mythologie in das Naturschutzgebiet einführen. Dabei ist es den Initiatoren ein besonderes Anliegen, dass die Wächter Botschafter des Naturschutzes sind. Sie sollen daran erinnern, wie wichtig es ist, unsere einzigartige Landschaft zu schützen und zu bewahren.

In Zukunft werden folgende Figuren den Besuchern an den Zugängen des Moores begegnen:

Abnoba – Die keltische Göttin der Quellen: Sie verlieh dem Schwarzwald in römischer Zeit seinen Namen (Abnoba Mons) und bewacht die Wälder und die Quellen.

Die Moosmännle – Diese verschmitzten Wesen sind unverzichtbare Bewohner eines jeden mitteleuropäischen Moores. Mit ihrer Gutherzigkeit und ihrer Hilfsbereitschaft sind sie die „guten Geister“ des Moores. Sie sind aber extrem scheu und leicht beleidigt.

Der Faun – Ein Halbgott mit Migrationshintergrund: Der Faun bringt eine internationale Note in das Hinterzartener Moor und trägt zur kulturellen Vielfalt bei.

Das Moos-Annele – Diese Sagengestalt hat ihre Wurzeln tief im Hochschwarzwald. Sie erzählt Geschichten von vergangenen Zeiten und trägt so zur Bewahrung unserer Traditionen bei, auch wenn sie zu den weniger sympathischen Bewohnern des Moores gehört.

Nebulon – Ein Wetterhexer, der für die Frühnebel sorgt: Mit seinen zauberhaften Fähigkeiten schafft Nebulon eine geheimnisvolle und mystische Atmosphäre im Moor.

Die Moorwächter wurde eingebettet in die Geschichte vom Knaben im Moor. Grundlage dafür war ein Gedicht von Annette von Droste-Hülshoff, das aus dem 19. Jahrhundert stammt und ins 21. Jahrhundert übertragen wurde. „Der Knabe im Moor 2.0“ beleuchtet nicht nur die Veränderungen in unserer Naturwahrnehmung, sondern auch die zeitlose Schönheit der Natur.

Die Arbeitsgruppe erhielt tatkräftige Unterstützung aus der Region. Klaus Gülker, ein ehemaliger Radiomoderator des SWR, brachte den „Knaben im Moor“ in die heutige Zeit und sprach die Texte, die über QR-Codes an den Skulpturen abgerufen werden können. Eliza und Andreas Kramer kümmerten sich um die Übersetzungen ins Französische, während Susanne Fiessler die englische Version beisteuerte. Rosalin Blue aus Irland sprach die Texte in englischer Sprache ein, ebenfalls über QR-Codes abrufbar. Eugen Winterhalter sorgte für das beeindruckende Weißtannenholz aus dem Gemeindewald Hinterzarten, und die Forstunternehmen Tritschler aus Hinterzarten gewährleisteten zusammen mit dem Bauhof den reibungslosen Aufbau der Figuren und den Transport des Holzes. Das Projekt wurde maßgeblich durch die großzügige finanzielle Unterstützung der Gemeinde Hinterzarten ermöglicht.

Die Einweihung der Moorwächter im Hinterzartener Moor markiert einen bedeutenden Schritt in Richtung Naturschutz und kultureller Bereicherung unserer Region. Doch sei darauf hingewiesen: Die Geschichten um die Wächter erheben aus naheliegenden Gründen keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder endgültige Richtigkeit.

 

Weitere Informationen zu den Moorwächtern

die Moorwächter – thomas rees – home (thomas-rees.com)

 

Kontakt für weitere Informationen:

Arbeitsgruppe Hochmoor der Initiative „Zukunft Hinterzarten“

Achim Laber                 

E-Mail: Laber.achim@gmail.com

Bildhauer Thomas Rees 

home:  https://thomas-rees.com/

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