Pfarrkirche

Wie auch eine kleine Kirche große Schätze beherbergen kann: Klaus Gülker erzählt es Ihnen.

„Das Kirchlein winkt vom Bergeshang dem Wand´rer freundlich zu!“

heißt es im Kappler Lied von 1936. Fürwahr, die Lage der Pfarrkirche St. Peter und Paul  1  in Freiburg Kappel fügt sich anmutig ins Orts-und Landschaftsbild ein; die schlichte Baukunst von 1747 kann sich sehen lassen, die darin anzutreffenden Kunstwerke mit ihren Besonderheiten lohnen die Einkehr. Betritt man den Innenraum, fällt der Gesamtblick nach vorne auf die drei Altäre 2.

Links des Chorbogens steht der sogenannte Bruderschaftsaltar mit der „Mondsichelmadonna“ 3 , eine spätgotische Skulptur aus der Werkstatt Hans Wydyz, um1500, die zusammen mit dem großen Kreuz 4 aus dem frühen 16. Jhd. an der hinteren Langhauswand den künstlerischen Höhepunkt dieser kleinen Kirche darstellt. Das madonnale Gnadenbild bezieht sich auf die neutestamentliche Offenbarung (12,1): „Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: Eine Frau, mit der Sonne bekleidet, unter ihren Füßen der Mond.“

           
Blickt man dort zum oberen goldgerahmten Altarbild, will man seinen Augen kaum trauen: eine vornehm gekleidete Frau hält dem Beobachter in einer kleinen Schale weibliche Brüste entgegen. Wie das? Es stellt die heilige Agatha von Catania 5 dar, die sich im 3. Jhd. weigerte, dem Glauben an Christus abzuschwören und deshalb schlimmste Marter durchzustehen hatte, unter anderem wurden ihre Brüste abgeschnitten. Aus dieser frühchristlichen Legende entstand jenes Überlieferungsbild, welches sich auf der gegenüberliegenden Seite als Halbfigur 6 wiederholt.


Am rechten Seitenaltar blickt uns die vom Freiburger Rokoko-Künstler Wenzinger und seinen Schülern 1773 geschaffene „Annaselbdritt“ 7 entgegen; die Geschlechterfolge also der Mutter Anna, ihrer Tochter Maria und des Jesuskindes.


Bemerkenswert auch ist die Skulptur rechts daneben, der heilige Josef mit dem Jesusknaben auf dem Arm 8 , eine für uns moderne Szene, da sich zurecht auch die Väter liebevoll und verantwortlich um ihre Kinder zu kümmern haben.


Der Chorbogen fasst würdig den barocken Hochaltar ein mit dem wertvollen Tabernakel 9 des Sakralkünstlers Matthias Faller von 1731.


Das alles bestimmende Altarbild zeigt die Kirchenpatrone Petrus mit dem Himmelsschlüssel und Paulus mit dem Schwert 10 , durch welches er das Martyrium erlitt; ein Deckengemälde 11 thematisiert zudem Pauli Bekehrung auf dem Weg nach Damaskus, in der Apostelgeschichte sehr eindrücklich erzählt.


Über dem Altarraum aber bildet sich Christus im Symbol des Lammes 12 ab als Sieger über Leiden und Tod. Der vom alttestamentlichen Prophet Jesaja angekündigte Gottesknecht, der sich wie ein Lamm zur Schlachtbank führen lässt, wird vom Tode zum Leben erweckt. Die Lanze, die im Lamm steckt, trägt am anderen Ende die Siegesfahne, welche an Ostern der Auferstandene in Händen hält. Wir sehen ein blutrotes Kreuz auf weißem Grund; es mag Zufall sein, dass dies oft verwendete Fahnensymbol auch das des Freiburger Stadtwappens ist.


Im hinteren Raum der Kirche entstand 2014 am früheren Ort des Beichtstuhles ein Kunstwerk unserer Zeit, der Raum der Versöhnung 13 mit einer erlebenswerten Kreuzdarstellung – über Entstehung und Inhalt dieser Kostbarkeit liegt eine Broschüre aus, die erworben werden kann.


Beim Verlassen der Kirche und des Friedhofs kann man am Denkmal für die Toten der Weltkriege 14 stehen bleiben. Das Bedenkenswerte dort ist, dass dieses Ehrenmal nicht das Soldatenheldentum zum Thema hat, sondern den vom Kreuz abgenommenen Friedensfürsten, um den die Mutter trauert und jede gleichso betroffene Frau. Es ist eine deutliche und tröstliche Botschaft: nicht menschliche Macht, sondern die göttliche Ohnmacht bringt den Frieden, der hinausgetragen werden will in die eigene und fremde Welt.


Text: Manfred Reichard

 

 

 

 

 

Neueste Beiträge

die Moorwächter vom Hinterzartener Moor

Die Moorwächter

Jeder Wächter repräsentiert eine Figur aus der reichen Mythologie und Folklore, die mit Mooren und Sümpfen in Verbindung gebracht wird 1. Die sechs Skulpturen sind:

  1. Der Knabe im Moor
  2. Die Abnoba
  3. Der Faun
  4. Die Moosmännle
  5. Der Nebulon
  6. Das Moos-Annele

Jede Skulptur hat ihre eigene Geschichte und Bedeutung, die auf der offiziellen Website der Moorwächter zu finden ist 1. Die Moorwächter sind ein faszinierendes Beispiel für die Verbindung von Kunst und Natur und ein wunderbares Ziel für einen Spaziergang im Moor.

„Abnoba“

Die Moorwächter sind im Hinterzartener Moor eingezogen

Hinterzarten, 20. September 2023 – Die Moorwächter haben Einzug gehalten. Diese imposanten, etwa 4,5 Meter hohen Holzskulpturen aus Hinterzartener Weißtannenholz wurden von Bildhauer Thomas Rees aus Freiburg geschaffen. Die Idee für diese beeindruckenden Kunstwerke wurde in der der Arbeitsgruppe „Hochmoor“ innerhalb der Initiative „Zukunft Hinterzarten“ entwickelt.

Schon seit jeher sind Moore von Geschichten, Mythen und Sagen durchdrungen – sie sind die Heimat für Geister, Elfen und Halbgötter. Die Moorwächter setzen diese jahrhundertealte Geschichten fort, indem sie faszinierende Figuren aus der reichen Mythologie in das Naturschutzgebiet einführen. Dabei ist es den Initiatoren ein besonderes Anliegen, dass die Wächter Botschafter des Naturschutzes sind. Sie sollen daran erinnern, wie wichtig es ist, unsere einzigartige Landschaft zu schützen und zu bewahren.

In Zukunft werden folgende Figuren den Besuchern an den Zugängen des Moores begegnen:

Abnoba – Die keltische Göttin der Quellen: Sie verlieh dem Schwarzwald in römischer Zeit seinen Namen (Abnoba Mons) und bewacht die Wälder und die Quellen.

Die Moosmännle – Diese verschmitzten Wesen sind unverzichtbare Bewohner eines jeden mitteleuropäischen Moores. Mit ihrer Gutherzigkeit und ihrer Hilfsbereitschaft sind sie die „guten Geister“ des Moores. Sie sind aber extrem scheu und leicht beleidigt.

Der Faun – Ein Halbgott mit Migrationshintergrund: Der Faun bringt eine internationale Note in das Hinterzartener Moor und trägt zur kulturellen Vielfalt bei.

Das Moos-Annele – Diese Sagengestalt hat ihre Wurzeln tief im Hochschwarzwald. Sie erzählt Geschichten von vergangenen Zeiten und trägt so zur Bewahrung unserer Traditionen bei, auch wenn sie zu den weniger sympathischen Bewohnern des Moores gehört.

Nebulon – Ein Wetterhexer, der für die Frühnebel sorgt: Mit seinen zauberhaften Fähigkeiten schafft Nebulon eine geheimnisvolle und mystische Atmosphäre im Moor.

Die Moorwächter wurde eingebettet in die Geschichte vom Knaben im Moor. Grundlage dafür war ein Gedicht von Annette von Droste-Hülshoff, das aus dem 19. Jahrhundert stammt und ins 21. Jahrhundert übertragen wurde. „Der Knabe im Moor 2.0“ beleuchtet nicht nur die Veränderungen in unserer Naturwahrnehmung, sondern auch die zeitlose Schönheit der Natur.

Die Arbeitsgruppe erhielt tatkräftige Unterstützung aus der Region. Klaus Gülker, ein ehemaliger Radiomoderator des SWR, brachte den „Knaben im Moor“ in die heutige Zeit und sprach die Texte, die über QR-Codes an den Skulpturen abgerufen werden können. Eliza und Andreas Kramer kümmerten sich um die Übersetzungen ins Französische, während Susanne Fiessler die englische Version beisteuerte. Rosalin Blue aus Irland sprach die Texte in englischer Sprache ein, ebenfalls über QR-Codes abrufbar. Eugen Winterhalter sorgte für das beeindruckende Weißtannenholz aus dem Gemeindewald Hinterzarten, und die Forstunternehmen Tritschler aus Hinterzarten gewährleisteten zusammen mit dem Bauhof den reibungslosen Aufbau der Figuren und den Transport des Holzes. Das Projekt wurde maßgeblich durch die großzügige finanzielle Unterstützung der Gemeinde Hinterzarten ermöglicht.

Die Einweihung der Moorwächter im Hinterzartener Moor markiert einen bedeutenden Schritt in Richtung Naturschutz und kultureller Bereicherung unserer Region. Doch sei darauf hingewiesen: Die Geschichten um die Wächter erheben aus naheliegenden Gründen keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder endgültige Richtigkeit.

 

Weitere Informationen zu den Moorwächtern

die Moorwächter – thomas rees – home (thomas-rees.com)

 

Kontakt für weitere Informationen:

Arbeitsgruppe Hochmoor der Initiative „Zukunft Hinterzarten“

Achim Laber                 

E-Mail: Laber.achim@gmail.com

Bildhauer Thomas Rees 

home:  https://thomas-rees.com/

  1. Lebensraum Mensch 1 Kommentar
  2. Der „Plastikmensch“ Schreibe einen Kommentar
  3. „Baumgeschichten“ – Vom Schwarzwald bis in die Eifel“ Schreibe einen Kommentar
  4. Ukraine barfuss Schreibe einen Kommentar
  5. ARTE-TV Grenzgänger Schreibe einen Kommentar