Soundscape Übergang Dorfrand-Wiese-Wald

Übergang Dorfrand/Wiese /Wald
Im Übergangsbereich zwischen Dorf, Wiese und Wald hören wir vielfältige und abwechslungsreiche Klanglandschaften mit hörbaren Anteilen von Biophonie, Geophonie und Anthropophonie. Was ist Soundscape-Ökologie und wie setzt sich eine Klanglandschaft zusammen?

 

Tonaufnahme: „Hahn, Vögel, Sägearbeiten“
Mittwochvormittag, 18.09.2019. Aufgenommen im Wald unterhalb des Kamelberges. Neben einem Haushahn hören Sie die Rufe von: Rabenkrähe, Saatkrähe, Rotkehlchen, Amsel und Buchfink.

 

Wiesen, Weiden, Bauerngärten, Wälder: In einer dörflichen Kulturlandschaft wie hier in Kappel ist Platz für eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren mit unterschiedlichsten Lebensansprüchen. Vor allem die typischen Gartenvögel wie Amseln, Rotkehlchen und Meisen mögen einen Mix aus Hecken, Baumbeständen und offeneren Wiesenbereichen. Im Übergang zwischen Dorfrand, Wiese und Wald vermischen sich die Gesänge von Wald- und Wiesenvögeln mit den verschiedensten Geräuschen aus dem Dorf und den Klängen der Arbeitswelt aus Wald und Flur.

 

Tonaufnahme „Rotkehlchen“
Sonntagmittag im Frühling, 19. April 2020, 12:40 Uhr. Sonnig, trocken und warm, aufgenommen oberhalb des Sportplatzes.

 

Die Geräusche und Klänge biologischen Ursprungs nennt man Biophonie. Hier ein schönes Beispiel vom Gesang eines Rotkehlchens – ein Vogel, der häufig in und um Kappel zu hören ist. Rotkehlchen bewohnen unterholzreiche Laub- und Mischwälder, Waldränder oder Hecken. Neben der Hauptgesangszeit zur Brut (von März bis Juni) zeigen Rotkehlchen auch einen ausgeprägten Herbstgesang. Darüber hinaus verteidigen Männchen, die hier überwintern, ihr Revier selbst im Winter, so dass ihr Gesang uns auch in der kalten Jahreszeit erfreuen kann. Das Rotkehlchen ist insgesamt kein seltener Vogel. Flurbereinigung, Verbauung und die Ausräumung der Landschaft vermindern aber langfristig die Bestände.

 

Tonaufnahme: „Beispiel Anthropophonie, Sägearbeiten“
Dienstagvormittag, 27. Juli 2020, 10:15 Uhr. Sonne und Wolken, trocken und warm. Fällung einer Fichte, die durch trockene Sommer geschädigt wurde.

3 a  gekürzte Aufnahme  2:20 Min.

3 b  Aufnahme in voller Länge 6:58 Min.

 

Die vom Menschen verursachten Geräusche werden als Anthropophonie bezeichnet. Sie sind allgegenwärtig: die Geräusche und Stimmen aus dem Dorf, die Schallemissionen von land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeiten sowie der fast allgegenwärtige Lärm des Straßen- und Flugverkehrs. (Mehr Informationen zur Rolle der Anthropophonie erwarten Sie am Punkt: „Baum der Erkenntnis“.)

 

Tonaufnahme: „Gewitter“
07.06.2018, 00:20 Uhr, Regen mit Gewitter im Wald

Die Klänge eines Baches, der Wind in den Bäumen, der Regen, der auf das Blätterdach fällt, und Gewitter – alles das, Geräusche der unbelebten Natur, nennt man Geophonie. Hier am Übergang zwischen Dorf, Wiese und Wald vermischen sich die Klänge, man hört Anteile von Biophonie, Geophonie und Anthropophonie.

 

Wie diese Klangelemente zusammenspielen, untersucht die Soundscape-Ökologie. Man nennt sie auch Öko-Akustik. Dies ist eine neu entstehende Fachrichtung, die Aspekte von Landschaftsökologie, Psychoakustik, Bioakustik und der akustischen Ökologie vereint. Sie wurde 2011 erstmals öffentlich beschrieben und definiert1. Die Wortschöpfung „Soundscape“ ist allerdings schon älter und setzt sich aus den englischen Wörtern „Sound“, das sowohl für Klang als auch für Schall steht, und „Landscape“ zusammen. Der Begriff „Soundscape“ wurde in den 1960er Jahren von Murray Schafer geprägt, einem Mitbegründer der akustischen Ökologie2. Er und seine Mitstreiter waren die Ersten, die an der systematischen Analyse und Charakterisierung von Soundscapes wissenschaftliches Interesse zeigten. Im Gegensatz zur Ökoakustik rückt die akustische Ökologie den Menschen ins Zentrum der Untersuchung und nicht das Ökosystem und seine Funktionen.

1 Farina, A., 2014. Soundscape Ecology: Principles, Patterns, Methods and Applications. 1st ed., Dordrecht Heidelberg New York London: Springer.

Pijanowski, B.C. et al., 2011. What is soundscape ecology? An introduction and overview of an emerging new science. Landscape Ecology, 26(9), pp.1213–1232. Verfügbar unter: <Go to ISI>://000297145200003.

2 Siehe z.B.: Schafer, R. Murray. 2010. Die Ordnung Der Klänge: Eine Kulturgeschichte des Hörens. Edited by Sabine Breitsameter. Mainz: SCHOTT MUSIC GmbH & Co KG.

 


Die folgenden Klangbeispiele sind alle Anfang April zur etwa selben Uhrzeit an verschiedenen Waldrand-Standorten im Kapplertal entstanden:

Tonaufnahme 5a: „Vogelgesang an diesem Standort“
Sonntagmittag im Frühling, 19. April 2020, 12:30 Uhr. Sonnig, trocken und warm. Gesänge von Amsel, Blaumeise, Haussperling, Buchfink und Hausrotschwanz

Tonaufnahme 5b: „Herchersattel am Waldrand: Feldgrillen und Bienen an den Blüten eines Ahornbaums“
Sonntagmittag im Frühling, 19. April 2020, 14:00 Uhr. Sonnig, trocken und warm. Neben den Feldgrillen und Bienen hören Sie Misteldrossel und Kolkrabe.

Tonaufnahme 5c: „Vogelgesang am Waldrand“
Montagmittag im Frühling, 08. April 2019, 12:30 Uhr. Wald unterhalb des Pfeiferberges, Ostseite, nach Kirchzarten hin. Gesänge von Amsel, Gartenbaumläufer, Misteldrossel, Buchfink und Rotkehlchen.

 

Die Aufnahmen klingen sehr verschieden. Die Soundscape-Ökologie interessiert, welche Zusammenhänge zwischen den Merkmalen der Klanglandschaft und den Merkmalen der Landschaft bestehen. Wie wirken sich Relief, Exposition, Vegetationsstruktur und Landschaftselemente wie Hecken und Bachläufe auf die Verteilung der akustischen Energie über die Zeit aus? Welchen Einfluss hat die Art und Intensität der Nutzung? Welche jährlichen Schwankungen gibt es und welche Rolle spielen dabei Wetter und Klima? Können wir über die Analyse der Klanglandschaft Erkenntnisse über den Zustand eines Ökosystems gewinnen?

All diese Fragen versucht die Soundscape-Ökologie zu beantworten. Dabei analysiert die Wissenschaft die Audioaufnahmen anhand von akustischen Indikatoren, die aus der Verteilung der akustischen Energie über das Frequenzspektrum und über die Zeit berechnet werden. In der folgenden Abbildung ist das Spektrogramm der letzten Audioaufnahme abgebildet. Auf der unteren Achse, der x-Achse, ist der zeitliche Verlauf dargestellt. Die vertikale y-Achse zeigt die Frequenzbereiche von 0 – 24 kHz. Die Farbintensität gibt die Lautstärke wieder.

Abbildungstext: Spektrogramm der Audioaufnahme vom 08. April 2019, 12:30 Uhr. Wald unterhalb des Pfeiferberges, Ostseite, nach Kirchzarten hin. Die Anthropophonie besetzt üblicherweise die Frequenzbereiche zwischen 1 bis 2 kHz. Von 2 bis 10 kHz finden sich die Gesänge und Rufe der meisten Vogelarten. Diese Aufnahme zeigt die höchste Intensität an akustischer Energie zwischen 2 und 3 kHz, dem Gesangsbereich der Amsel. Dies ist auch aus der kleinen eingefügten Zusatzgrafik ersichtlich, die auf der vertikalen Achse die Lautstärke zeigt und auf der unteren Achse die Frequenzbereiche bis 10 kHz.

 

Soundscapes - Tonaufnahmen und Texte: Dr. Sandra Müller

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die Moorwächter vom Hinterzartener Moor

„Abnoba“

Die Moorwächter sind im Hinterzartener Moor eingezogen

Hinterzarten, 20. September 2023 – Die Moorwächter haben Einzug gehalten. Diese imposanten, etwa 4,5 Meter hohen Holzskulpturen aus Hinterzartener Weißtannenholz wurden von Bildhauer Thomas Rees aus Freiburg geschaffen. Die Idee für diese beeindruckenden Kunstwerke wurde in der der Arbeitsgruppe „Hochmoor“ innerhalb der Initiative „Zukunft Hinterzarten“ entwickelt.

Schon seit jeher sind Moore von Geschichten, Mythen und Sagen durchdrungen – sie sind die Heimat für Geister, Elfen und Halbgötter. Die Moorwächter setzen diese jahrhundertealte Geschichten fort, indem sie faszinierende Figuren aus der reichen Mythologie in das Naturschutzgebiet einführen. Dabei ist es den Initiatoren ein besonderes Anliegen, dass die Wächter Botschafter des Naturschutzes sind. Sie sollen daran erinnern, wie wichtig es ist, unsere einzigartige Landschaft zu schützen und zu bewahren.

In Zukunft werden folgende Figuren den Besuchern an den Zugängen des Moores begegnen:

Abnoba – Die keltische Göttin der Quellen: Sie verlieh dem Schwarzwald in römischer Zeit seinen Namen (Abnoba Mons) und bewacht die Wälder und die Quellen.

Die Moosmännle – Diese verschmitzten Wesen sind unverzichtbare Bewohner eines jeden mitteleuropäischen Moores. Mit ihrer Gutherzigkeit und ihrer Hilfsbereitschaft sind sie die „guten Geister“ des Moores. Sie sind aber extrem scheu und leicht beleidigt.

Der Faun – Ein Halbgott mit Migrationshintergrund: Der Faun bringt eine internationale Note in das Hinterzartener Moor und trägt zur kulturellen Vielfalt bei.

Das Moos-Annele – Diese Sagengestalt hat ihre Wurzeln tief im Hochschwarzwald. Sie erzählt Geschichten von vergangenen Zeiten und trägt so zur Bewahrung unserer Traditionen bei, auch wenn sie zu den weniger sympathischen Bewohnern des Moores gehört.

Nebulon – Ein Wetterhexer, der für die Frühnebel sorgt: Mit seinen zauberhaften Fähigkeiten schafft Nebulon eine geheimnisvolle und mystische Atmosphäre im Moor.

Die Moorwächter wurde eingebettet in die Geschichte vom Knaben im Moor. Grundlage dafür war ein Gedicht von Annette von Droste-Hülshoff, das aus dem 19. Jahrhundert stammt und ins 21. Jahrhundert übertragen wurde. „Der Knabe im Moor 2.0“ beleuchtet nicht nur die Veränderungen in unserer Naturwahrnehmung, sondern auch die zeitlose Schönheit der Natur.

Die Arbeitsgruppe erhielt tatkräftige Unterstützung aus der Region. Klaus Gülker, ein ehemaliger Radiomoderator des SWR, brachte den „Knaben im Moor“ in die heutige Zeit und sprach die Texte, die über QR-Codes an den Skulpturen abgerufen werden können. Eliza und Andreas Kramer kümmerten sich um die Übersetzungen ins Französische, während Susanne Fiessler die englische Version beisteuerte. Rosalin Blue aus Irland sprach die Texte in englischer Sprache ein, ebenfalls über QR-Codes abrufbar. Eugen Winterhalter sorgte für das beeindruckende Weißtannenholz aus dem Gemeindewald Hinterzarten, und die Forstunternehmen Tritschler aus Hinterzarten gewährleisteten zusammen mit dem Bauhof den reibungslosen Aufbau der Figuren und den Transport des Holzes. Das Projekt wurde maßgeblich durch die großzügige finanzielle Unterstützung der Gemeinde Hinterzarten ermöglicht.

Die Einweihung der Moorwächter im Hinterzartener Moor markiert einen bedeutenden Schritt in Richtung Naturschutz und kultureller Bereicherung unserer Region. Doch sei darauf hingewiesen: Die Geschichten um die Wächter erheben aus naheliegenden Gründen keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder endgültige Richtigkeit.

 

Weitere Informationen zu den Moorwächtern

die Moorwächter – thomas rees – home (thomas-rees.com)

 

Kontakt für weitere Informationen:

Arbeitsgruppe Hochmoor der Initiative „Zukunft Hinterzarten“

Achim Laber

Telefon: 07676-933637

E-Mail: Laber.achim@gmail.com

 

Bildhauer Thomas Rees:

Telefon: 0171-7840024

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