Herchersattel
Die Klanglandschaften der Wiesen und Weiden werden beeinflusst vom Verlust der Artenvielfalt und von der landwirtschaftlichen Intensivierung. Die Gesänge von Heuschrecken haben ihre jeweilige artspezifische akustische Nische.
Tonaufnahme: „Ein Schwarm Stare“
Frühlingsmorgen, 7. April 2019, 06:40. Wiese am Pfeiferberg. Stare, aber auch eine Amsel und einige weitere Vögel im Hintergrund aus dem nahen Wald.
Während sich die Bestände einiger seltener Vogelarten wie Wanderfalken oder Rotmilan durch Artenschutzprogramme langsam wieder erholen, geht es ehemals häufigen Arten zunehmend schlecht. Besonders gilt das für die weitverbreiteten, häufigen Singvögel, die in der Agrarlandschaft brüten, sich vorwiegend von Insekten ernähren und deshalb den Winter als Zugvogel in Afrika verbringen. Das haben Fachleute ermittelt. So leben bei uns beispielsweise viel weniger Feldlerchen und Stare als früher. Zwar gibt es immer noch Millionen Stare dennoch ist die Art nun auf der Roten Liste verzeichnet, da die Bestände innerhalb von elf Jahren um über 40% eingebrochen sind. Stare sind bekannt für ihre spektakulären Schwarmflüge und ihren geschwätzigen Gesang. In den bauen sie gerne Elemente von Umgebungsgeräuschen ein, darunter sogar Hundegebell und Klingeltöne. Sie brauchen offenes, insektenreiches Grünland zur Nahrungssuche und Baumbestände mit Nisthöhlen zur Brut.
Extensiv genutzte Wiesen und Weiden können zu den artenreichsten Lebensräumen in Deutschland gehören. Manch einer bezeichnet sie gar als „europäischen Regenwald“. Aber sie werden zunehmend selten. Wann haben Sie zum letzten Mal eine Wiese gesehen, in der das Gras hüfthoch stand? Und wann eine Wiese mit verschieden farbigen Blüten (und nicht alle im einheitlichen-Gelb)? Häufiges Mähen schreddert viele Wiesenbewohner. Überdüngung führt zu einer Vereinheitlichung der Vegetation. Arten, die auf nährstoffarme und offene Habitate angewiesen sind, finden dadurch keinen Lebensraum mehr. Das Fehlen von Heuschrecken und Bodenbrütern wie Lerchen, Pieper oder Ammern macht sich auch akustisch bemerkbar.
Tonaufnahme: „Sommerbeispiel“
Sonniger Vormittag im Frühsommer, 25. Juni 2018, 10:15. Pfeiferwiesen. Feldgrillen und Heuschrecken. Aufnahme von Michael Scherer-Lorenzen
Der laute Spontangesang der Feldgrille gehört wohl zu den typischsten Geräuschen einer warmen Frühlingsnacht. Der Gesang ist auf diesen Weiden ab Frühjahr fast ganztägig noch weithin hörbar. Im sehr trocken und warmen Frühjahr 2020 bereits im April, wie hier zu hören. Bei Gefahr versteckt sich die Feldgrille in Erdlöchern, denn sie kann nicht fliegen, was sie bei Mahd allerdings schützt. Sie bevorzugt als Lebensraum Halbtrockenrasen sowie trockene und schütter bewachsene Hänge und Böschungen. In saftig grünen, stark gedüngten Wiesen ist sie nicht zu finden. Sie könnte aber von den zunehmend trockenen Sommern profitieren.
Die meisten Heuschrecken beginnen ihre Gesänge erst Ende Juni und singen bis in den September hinein. Ihre Gesänge erreichen Frequenzen, die für den Menschen nur in hoher Lautstärke wahrnehmbar sind, wenn überhaupt. Oft haben sich bestimmte Arten auf ein enges Frequenzband spezialisiert. So vermeiden sie, von anderen Arten übertönt zu werden. Heuschrecken-Spezialisten haben daher schon früh das Konzept der akustischen Nische übernommen.
In diesem Tonbeispiel singen Feldgrille und andere Heuschrecken gleichzeitig. In unserem Ohr dominiert jedoch die Feldgrille. Auf dem Spektrogramm wird dagegen deutlich, dass die oberen Frequenzbereiche ebenfalls eine hohe akustische Energie aufweisen.
Abbildungstext: Spektrogramm der Audioaufnahme vom 25. Juni 2018, 10:15 Uhr. Wiesen am Pfeiferberg. Der Gesang der Vögel tritt in den Hintergrund. Es dominiert weithin die Feldgrille im Frequenzbereich von 5 bis 6 kHz. Im Frequenzbereich ab 11 kHz finden sich die Gesänge anderer Heuschrecken, für unser Ohr fast nicht hörbar. Aber in diesem Spektrogramm wird die hohe akustische Energie durch den gelben Farbton sichtbar.
Tonaufnahme: „Feldgrille“
Sonntagmittag im Frühling, 19. April 2020, 14:04. Herchersattel. Feldgrillen.
Die Feldgrille gehört zu den akustischen Charakterarten des Kappler Tals. Je nach Witterung ist sie von Mitte – Ende April bis in den Hochsommer hinein zu hören. Ihre Gesänge begrüßen die Besucher Kappels sobald sie von Littenweiler aus in das Tal einbiegen.
Soundscapes - Tonaufnahmen und Texte: Dr. Sandra Müller