Dr. Rolf Miedtke

Dr. Rolf Miedtke

Dr. Rolf Miedtke (1919-2006) Kunstmaler Auf ein reiches, farbenfrohes Lebenswerk konnte der Herr des Markenhofes, Dr. Rolf Miedtke, zurückschauen, als er mit 87 Jahren die Augen schloß. Er malte das Dreisamtal in seiner Schönheit, die Dörfer seiner Umgebung, Kirchen und Höfe, Blumen und blühende Bäume sowie Menschen in diesem Raum. Seine Bilder sagen etwas aus über seine Liebe zu Mensch und Tier, zu Pflanzen und Landschaften, zu Brauchtum und Lebensart. Dabei war die Malerei gar nicht seine erste Berufung. Hier finden Sie eine kleine Auswahl seine Werke aus Kappel (Bilder wurden von Lydia Miedtke zur Verfügung gestellt).

Rolf Miedtke wurde 1919 in Niedersachsen zwischen Hannover und Hameln in Barsinghausen als Sohn von Georg und Emilie geb. Heitmüller geboren. Er hatte noch einen um zwei Jahre jüngeren Bruder. Nach seinem fünften Lebensjahr zog der Vater, Geschäftsführer einer Hamburger Eisenwarenexportfirma, mit der Familie nach Monterrey in Mexiko. Nach weiteren fünf Jahren sollte der Älteste ins Gymnasium in Deutschland. Die Mutter hatte nach der Geburt des zweiten Kindes wegen einer Lungenerkrankung einen Sanatoriumsaufenthalt in St. Blasien verbracht und sich dabei in den Schwarzwald verliebt. Also wollte die Familie nach ihrer Rückkehr unbedingt dort sich eine Bleibe suchen. Zu dieser Zeit stand das hübsche Haus des Malers OttoVittali (†1959) in der Giersbergstraße in Kirchzarten zum Verkauf. Hier richtete sich die Familie ein. Der Vater musste geschäftlich häufig nach Mexiko reisen. Der junge Rolf besuchte das Rotteckgymnasium in Freiburg, wo er 1937 sein Abitur machte und von der Schulbank weg für zwei Jahre in den Arbeitsdienst eingezogen wurde. Nach einer militärischen Ausbildung als Gebirgsjäger wurde er gleich zu Beginn des Krieges nach Frankreich geschickt. Hier regte sich zum ersten Mal seine künstlerische Ader. Viele seiner Kameraden hielt er in Porträts fest. Noch während des Krieges begann er, einen, wie der Vater meinte,  „anständigen Beruf“ zu erlernen, und schrieb sich als Medizinstudent in Freiburg ein. Dort konnte er als Sanitätssoldat nebenher Vorlesungen besuchen. Im weiteren Verlauf des Krieges wurde er nach Prag versetzt. Eines Tages, als er wieder einmal auf der Straße saß und malte – immer war er noch Autodidakt -, sprach ihn der Kunstmaler Baurat Wagner-Poltok an. Dieser nahm ihn dann zwei Wochen an die Hand und „eröffnete ihm den Schlüssel zur Malerei“, wie Miedtke selber sagte. Mit dieser Begegnung brach seine Malleidenschaft voll durch. In den fünf Jahren Kriegsgefangenschaft – er wurde in Prag vom Malhocker weg in ein sibirisches Straflager deportiert – malte er, wo und wann er konnte, vorausgesetzt, er fand ein Stück Papier und Stifte. Mangels Material hatte er sich Holz organisiert und arbeitete nachts in einer Werkstatt an Holzschnitten, mit denen er sich bei der Lagerleitung Papier und Stifte einhandeln konnte. Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft 1949 setzte er das angefangene Medizinstudium in Freiburg fort. Alle so genannten Notexamina, die er während der Kriegszeit bestanden hatte, machte er noch einmal, um eine solidere Ausbildung zu haben. 1954 war er fertiger Arzt. Seine ärztliche Karriere aber war nur kurz. Er praktizierte als Urlaubsvertretung vor allem bei Landärzten, wodurch er eigenes Geld verdienen konnte. Sein Hauptinteresse jedoch lag bei der Malerei, für die er jede freie Minute nutzte. In diesen Jahren reiste er wie viele von der Malerei Besessenen durch Italien. Vom Vater, der 1947 in Mexiko gestorben war – – es war ihm unmöglich gewesen, seit Beginn des Krieges noch einmal nach Europa zu gelangen -, stand ihm eine kleine Erbschaft zur Verfügung. So konnte er sparsam mit einer Vespa Venedig, Florenz, Rom und Sizilien besuchen, Stationen, die sich auf seinen vor Ort gemalten Aquarellen wiederfinden. Nach der Heirat 1958 mit Lydia Kreutz aus Kappel verbrachte er die Flitterwochen in Spanien, wo er dann für lange Zeit sein letztes Bild malte! Er war weiterhin bis 1960 als Arzt tätig. Danach veränderte sich sein Lebensstil komplett. Der Vater hatte 1935 den Markenhof in Burg erworben. Dieser stand zum Verkauf, nachdem das Evangelische Stift mit seiner „Christlichen Bauernhofschule Badens“ ausgezogen war. Es war vorgesehen, dass sein  jüngerer Sohn, der eine Landwirtschaftsschule besuchte, ihn eines Tages übernehmen sollte. Nur deshalb war der Erwerb im Dritten Reich überhaupt möglich. Dieser jüngere Sohn war aber im Krieg gefallen. Der Markenhof war bereits 1937 von einer NS-Organisation beschlagnahmt worden, um u.a. Mädchen vom Arbeitsdienst unterzubringen. Nach dem Krieg war er Kinderheim für kriegsgeschädigte Waisen, die das in Freiburg zerstörte .Evangelische Stift in den im 3.Reich erbauten Flachbauten untergebracht hatte. 1960 wurden alle Bauten mit Ausnahme des Pächterhauses frei. Jetzt übernahm Dr. Rolf Miedtke als Erbe seines gefallenen Bruders das Anwesen. Umfangreiche Instandsetzungsarbeiten, zu deren Finanzierung einige Grundstücke verkauft werden mussten, waren nötig, wobei er selbst kräftig mit Hand anlegte. Dann hat er 20 Jahre lang einen Teil der Flächen bewirtschaftet. Vor allem die vorhandene Streuobstwiese bot eine Grundlage, denn es lag auch noch von alters her ein Brennrecht auf dem Hof. Ein anderer Teil der landwirtschaftlichen Flächen wurde an eine Forstbaumschule verpachtet. Vier Söhne zog er mit seiner Frau auf diesem Hof groß, von denen der zweitälteste, promovierter Landwirt, seit 1995 das Gut übernommen und zu einer Obstbaumplantage umgewandelt hat. 1978, nach 20 Jahren Pause mit der Malkunst – auf der Hochzeitsreise war das letzte Bild entstanden –, hat ihn anlässlich einer Fahrt nach St. Peter die Malleidenschaft förmlich wieder überfallen. Von jetzt an malte er während der letzten 20 Jahre seines Lebens täglich. Es entstand eine Vielzahl von großformatigen Aquarellen und Rohrfederzeichungen in Sepia-Farben. In Öl malte Rolf Miedtke nur selten, aber häufig in Pastell. Er malte schnell und spontan, meistens ohne Vorzeichnung, oder die Motive im Skizzenblock nur mit angedeuteten Farbhinweisen. Sein Atelier war die Natur, die Malerei sein zweites Leben. Mehrfach richtete er Ausstellungen in den eigenen Räumen aus. Auch bei der ersten Ausstellung im neu gegründeten Kirchzartener Kunstverein im November 1978 unter dem Thema „Künstler aus dem Dreisamtal“ beteiligte er sich. .In Kirchzarten, Neustadt, Staufen, Breisach und anderen Städten der Umgebung stellten die Sparkassen Ausstellungsflächen zur Verfügung. Die letzte Ausstellung vor seinem Tod fand wieder auf dem eigenem Anwesen in einer frei gewordenen Wohnung statt. Miedtke war in seiner Maltechnik weitgehend Autodidakt und ist keiner Schule zuzuordnen. Nur kurze Zeit hatte er in einer Kunstschule in Freiburg Kurse für figürliches Zeichnen besucht. Er malte, wie es ihm gefiel, von der Liebe zum Objekt und zum Geschauten angetrieben. So bannte er auch die Basler und die alemannische Fasnacht, die Narren, aufs Papier, zur Freude der Betrachter – und zum Nachdenken. Auch malte er viele Porträts. In vielen Motiven kommt seine Liebe zur Landschaft, zu den Ortschaften und Höfen, zur vertrauten Umgebung zum Ausdruck. Von Kindheit an hatte er, obwohl seine Familie vom Norden stammte und er die klare Hannoveraner Sprachfärbung nie verlor, eine besondere Liebe zum Alemannischen und seiner Kulturlandschaft gehegt. Er verehrte Johann Peter Hebel und August Ganther (†1938) und konnte deren Mundarttexte sogar auf alemannisch vortragen, obwohl er, wie er sagte, das Alemannische stets wie eine Fremdsprache höre. Eine weitere Lebensfreude gönnte er sich im Alter. Er kehrte zur Musik zurück. Die Klarinette und die Flöte waren seine Instrumente. Als Medizinstudent hatte er schon einmal kurzzeitig in einem Kammerorchester mitgespielt und nahm jetzt die Instrumente wieder zur Hand. Im allgemeinen lebte Dr. Rolf Miedtke zurückgezogen in Burg auf seinem mit mancherlei Gebäuden „überwachsenen“ Grund und Boden, von denen das so genannte Herrenhaus die bewegteste Geschichte hat. Barg es doch in den zwanziger Jahren die Synagoge einer dort ansässigen zionistischen Landwirtschaftsschule. Die kostbaren Fenster hatte Friedrich Adler (†1942) geschaffen, von denen das letzte heute in Tel Aviv an den Markenhof erinnert. Auch ein Kibbuz am See Genesareth trug zeitweilig den Namen „Markenhof“; heute heißt er Beth-Sera. Nach kurzer Krankheit ist Dr. Rolf Miedtke im Jahre 2006 überraschend gestorben. Sein ältester Sohn, ein Bildhauer, hat ihm auf dem Alten Friedhof in Kirchzarten ein würdiges Grabmal gestaltet.- aus:  Johanna Pölzl: Spuren von gestern – Kirchzartener Persönlichkeiten. Kirchzarten, 2. Aufl. 2011, S. 135-138. ISBN-Nr. 978-3-00-033954-7

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